Die Plastiktüte, Teil des sozialen Lebens

Dass es Menschen gibt, deren einzige Sozialkontakte aus kurzen Wortwechseln mit der Kassiererin bei Aldi bestehen, soll schon vorgekommen sein. Aber dass ich nun wegen einer simplen Plastiktüte der inzwischen nicht mehr existenten Handelskette BONA schon zum zweiten Mal mit Ausläufern dieser Gesellschaftsgruppe in Kontakt gerate, lässt mich – nein, nicht erschaudern, sondern schmunzeln.

Mein Schwiegervater hat „seinerzeit“ in einem Unternehmen gearbeitet, das u.a. Tragetaschen aus Polyethylen hergestellt hat. Und er hat sich „mal bedient“ und einige davon in sein Privatlager ausquartiert. Wie angedeutet ist das alles viele Jahre her, doch die Tüten haben die Zeiten überdauert und ich habe sie entdeckt. Skurrilerweise sind speziell diese Tüten von ausgezeichneter Qualität und Praxistauglichkeit. So habe ich ihm welche abgeluchst und nutze sie gern.

Und nun ruft mir doch eine Dame auf der viel befahrenen Strasse zu, dass auch sie sich genau diese Tüten quasi „jahrzehntelang“ aufbewahrt hätte! Sie kann sich vor Lobpreisungen gar nicht wieder beruhigen und will von mir nun genau wissen, wo ich noch eine frische Quelle aufgetan hätte und ob es die Märkte noch gäbe…? Die Antwort muss ich ihr genauso schuldig bleiben wie die Freude an einer länger währenden Unterhaltung.

Und dann bittet mich doch ein Mann an der Kasse besagten Discounters um Verbleib, bis auch er bezahlt hat, weil er mich was Fragen wolle. Huch? Bahnen sich hier neue Geschäftskontakte an? Prägt sich hier eine physische Inkarnation einer Web2.0-Bekanntschaft aus Xing oder LinkedIn an?

Er habe „seinerzeit“ bei BONA gearbeitet, sei ein phantastischer Arbeitgeber gewesen, er habe das Logo ja nun eine Ewigkeit schon nicht mehr gesehen, er wisse gar nicht, dass es überhaupt damit verzierte Plastiktüten gegeben habe, hätte damals auch gar nicht im Verkauf gearbeitet und vermutete nun in mir einen Abkömmling ehemaliger Eigentümer oder sonstiger Verbündeter mit dem von ihm so geliebten Unternehmen. Es hätte bis vor einigen Jahren rund um Hamburg noch Filialen gegeben, die letzte wohl in Wedel, aber genau wisse er das auch nicht. Und ob ich etwas über das weitere Schicksal Auskunft geben könne?

Dieses und auch alle weiteren seiner Ansinnen musste ich schuldig bleiben. 

Und nun muss ich wohl einen Artikel in Wikipedia über BONA schreiben, sobald ich meine weiteren Recherchen abschliessen konnte. Vielleicht sollte ich einfach mal die nächste, etwas branchenerfahrene Kassiererin in einem Lebensmittelladen befragen? Oder soll ich mein Profil in einer der o.g. Communities anpassen: „Suche Kontakte zu Menschen mit Interesse an BONA“?!

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