Verpackung ohne Ware – oder wie man zu Geld kommt

Vorab: das hier beschriebene Problem ist binnen Tagesfrist von 1&1 zur vollsten Zufriedenheit gelöst worden. Aber nun der Vorfall:

Spontan fielen mir anfänglich nur Worte ein wie: „Abzocke“, „Schindluder treiben“, „für dumm verkaufen“, „Halsabschneider“, „Dreistigkeit“…, nachdem ich eine meiner Ansicht nach unberechtigte Rechnung von 1&1 für die kommenden zwölf Monate über eine Domain erhielt: Unberechtigt ist sie, weil die Domain bereits im September vorigen Jahres per sofort gekündigt war, sie seitdem auch nicht mehr konnektiert ist und ich bereits neun Monate überzahle, weil der alte Vertrag noch solange lief.

Samstag nun finde ich eine Rechnung über 3,48 Euro (OK, nicht die Welt, aber Kleinvieh macht auf der Anbieterseite auch den sprichwörtlichen und hier im doppelten Wortsinne „Mist“) für einen „1&1 Domain“-Vertrag. Die seinerzeit bestellte Domain ist da gar nicht mehr erwähnt (wie bei den vorigen Rechnungen noch), sondern an der Stelle steht nun eine Zahlenkolonne.online.de. Es ist also nur eine Art „Karteileiche“, die da abgerechnet wird. Und es handelt sich nicht etwa um einen Kombivertrag aus Domain mit Webserver o.ä., wo der Server tatsächlich weiterläuft, auch wenn die Domain weg ist oder der DNS-Eintrag anderswohin zeigt.

Also rufe ich frohgemut die Kundenhotline an, deren 0900er Nummer auf der Rechnung abzulesen ist und bin überrascht, dass die Kommunikation mit dem (etwas störrischen) Sprachcomputer sowie die Wartezeiten auf einen menschlichen Gesprächspartner tatsächlich kostenfrei sein sollen. Nach ein paar Minuten ist dann eine nette Dame dran, die sich den Vorgang im System ansieht, alles nachvollziehen kann und sich sogar noch Rückhalt beim Vorgesetzten holt und feststellt, dass da ja wirklich was schiefgelaufen sei. Sie wolle es der Kündigungsabteilung zuleiten und eine Gutschrift erstellen lassen.

Statt der Gutschrift erhielt ich eine Mail mit diesem Wortlaut:

»Ich habe den Vorgang aufgrund Ihres Telefonates mit unserer Rechnungsstelle erneut  geprüft. Sie haben am 22.09.2008 eine Kündigung für die Domain xyz.de zum 23.09.2008 beauftragt. Das Fax haben Sie auch zurückgesandt und es wurde ordnungsgemäß bearbeitet. Somit ist die Domain zum 23.09.2008 an die zuständige Registrierungsstelle zurückgegeben worden. Die Domainkündigung berührt in solch einem Falle jedoch nicht den Tarif selbst, dieser muss nochmals seperat gekündigt werden. Dies ist nicht erfolgt und somit ist die Berechnung korrekt.
Einer Rückerstattung können wir daher nicht nachkommen.«

Ich glaub‘, mich laust ein Affe! Der Vertrag über eine Leistung ist doch wohl dann beendet, wenn die Leistung nicht mehr erbracht wird, spätestens jedoch, wenn die Mindestlaufzeit vorüber ist. Das ist in diesem Fall ja auch von 1&1 unbestritten, aber sie beharren darauf, dass der Vertrag noch läuft während nur der Tarif gekündigt wurde. Wenn ich ein Auto miete und gebe das Auto dann zurück, dann muss ich ja auch nicht weiter Miete zahlen, gewissermassen Miete ohne Mietgegenstand!

Der grösste Witz ist dann noch die Pausenmusik, die einem vorgespielt wird, wenn die Mitarbeiter gerade mit ihren Vorgesetzten Rücksprache halten. Zitate aus dem Song: „I remember when I lost my mind … They make me crazy … Who do you think you are … Here’s my advice, think twice“. Was liessen sich für herrliche Glossen mit dieser Steilvorlage schreiben, welche Verballhornungen sind mit dem Material möglich!

Also rufe ich ein zweites Mal an. Dieses Gespräch verlief exakt wie das erste: auch Nachvollziehen der Merkwürdigkeit, Rücksprache mit Vorgesetzten und gleicher Ausgang: Sie wollen den Betrag gutschreiben, da ja alles ordnungsgemäss gekündigt ist.

Heute (Sonntag!) erhalte ich per Mail tatsächlich die Gutschrift. Im zweiten Anlauf ist also alles in Butter. Im Nachgang muss ich sagen, dass mich überrascht, dass die Buchhaltung von 1&1 offensichtlich auch am Wochenende tätig wird. Gut fand ich auch, dass der Sprachcomputer trotz aller Probleme, meine Antworten zu interpretieren (waren immer nur einzelne Worte erfragt worden, wie z.B. „Vertrag“, „Rechnung“, „Ja!“ – trotzdem hakte er nach und hat ausserdem ärgerlich lange Pausen, auch dann, wenn er alles verstanden hat), mich beim zweiten Mal (aufgrund der Angaben) „wiedererkannt“ hat und die Daten dem Personal am System vorlagen. Somit hatten sie auch keine Schwierigkeiten, den Sachverhalt zu bearbeiten.

Ende gut, alles gut. Und was lernen wir daraus? Hartnäckig sein, dran bleiben, nachfragen und sich im Zweifel beschweren.

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