Diensthabender Altkanzler

Gestern bin ich denn tatsächlich mal für eine Fernsehsendung wachgeblieben. Ich erhoffte mir ein Portrait über Helmut Schmidt, das über den mir schon bekannten Horizont hinaus geht – und wurde von den Aufnahmen nicht enttäuscht. Zwar fand ich Fragen zu intimen Details (Behinderung des ersten Kindes, Thema Treue u.a.) etwas unpassend und der Plot war meines Erachtens nicht eindeutig nachvollziehbar. Jedoch hat die ihn begleitende Kamera schöne Szenen eingefangen. Teilweise (z.B. in der Einstellung mit Schäuble) war die Kameraführung aber zu unruhig, aber in weiten Phasen perfekt.

Allzu deutlich wurde dabei das Alter der Eheleute präsentiert. Ich frage mich, ob seine Schwerhörigkeit oder ihr Kopfnicken so oft deutlich gemacht werden musste. Der Film wirkte dadurch sehr authentisch. Oft wurde ich an eigene Erfahrungen mit alten Menschen erinnert, welche wechselnde Tagesform sie haben können, wie es immer mal wieder gute Tage gibt, aber wie dann doch Einschränkungen den Alltag bestimmen. Wie schön ist es zu sehen, dass ein Altkanzler offenbar über genügend Helferlein verfügt. Man gönnt ihm den überdimensioinalen First-Class Sessel von ganzem Herzen.

Warum nur muss dieser Mensch aber so abhängig von der Zigarette sein? Einen Spleen hat jeder und seine seien ihm vergönnt; und vielleicht gehört Rauchen einfach zu seinem Leben dazu, genau wie sein ungebeugter Arbeitswille So ist das Beeindruckendste auch seine Schaffenskraft als Buchautor bis ins hohe Alter sowie die Frische seiner Präsenz, z.B. wenn er Vorträge auf Englisch hält oder mit einer schlagfertigen Antwort kontert („you deserve it“). Das wünscht man vielen halb so alten…

Helmut Schmidt

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