StadtRad Hamburg

Netz der Hamburger StadträderSeit kurzem gibt es in Hamburg ein von der Deutschen Bahn betriebenes, öffentliches Fahrrad-Leihsystem, das im erweiterten Innenstadtbereich nach vorheriger Anmeldung rund um die Uhr zur Verfügung steht (Artikel in der TAZ).

Wie es das Schicksal so wollte, gehörten wir zu den fünfzig ersten Teilnehmern nach der Eröffnungsveranstaltung und konnten das System bereits öfters ausprobieren. Hier mein Erfahrungsbericht:

  • An bisher allen Stationen sind ausreichend Räder und (bei der Rückgabe wichtig) Stellplätze zur Verfügung. Die Räder selbst und die (auch englischsprachigen) Terminals funktionierten in allen Fällen. Das System wirkt durchdacht und bietet auch im Problemfall funktionierende Alternativen (Identifizierung durch mehrere Handys oder per Bankkarte möglich,Wiederbeschaffen des Öffnungscodes, u.ä.).
  • Zum Rad selbst: Für große Personen ist die Rahmengröße u.U. etwas klein, aber der Sattel netterweise höhenverstellbar; Es fehlt zwar ein Rücktritt, aber die Räder haben zwei zuverlässige Trommelbremsen; Das Rad ist recht schwer, aber gut zu fahren, nicht zuletzt wegen des tollen Kettenschutzes. Der „drollige“ weil optisch hübsch gestaltete Gepäckträger ist eher unpraktisch und unhandlich. Die Handgriffe erscheinen ergonomisch, aber nach einer halben Stunde Fahrt sind die Hände deutlich gerötet und gereizt. Einfache, runde wären besser.Allerdings sind die Räder etwas schwer, die Gepäckträger unpraktisch, das LCD-Display am Rad zwar beleuchtet, aber u.U. nicht gut ablesbar.
  • Zuerst einmal gilt es, eine Leihstation ausfindig zu machen. Es ist zwar möglich, über die Webseiten von einem PC/Laptop die nächste Station (Terminal) zu finden, nicht aber über ein Internet-fähiges Handy (Nokia N95 beispielsweise), weil die auf Ihren Webseiten integrierte dynamische Karte (Google Maps Funktion) in diesen abgespeckten Browsern nicht funktioniert. Daher wäre es sinnvoll, eine Lokalisierung über den aktuellen Standort (Stadtteil, Straßenname, POI) mit einer textuellen Ergebnisausgabe auf den Webseiten zu ermöglichen oder zumindest eine Liste aller Stationen sortiert nach PLZ oder Stadtteil mit Straßenangabe oder Bezug zu einem POI.
  • Das Callcenter sollte für entsprechende telefonische Anfragen eigentlich mit wenigstens geringen Ortskenntnissen (die „Hafencity“ sollte man u.a. kennen) gewappnet sein. Stattdessen erlebten wir dort folgendes, als wir vom Kreuzfahrtterminal aus anriefen: Die Dame am anderen Ende der Leitung war zwar sehr hilfsbereit, aber nicht in der Lage, auf die ruhig und auf verschiedene Weise vorgetragene Beschreibung des eigenen Standorts (Stadtteil, grobe Lagebeschreibung, Strassennamen, U-Bahn Stationsname) mit einer (irgendeiner!) sinnvollen Beschreibung die nächstgelegenen Stadtrad-Station zu benennen oder gar den Weg dorthin zu beschreiben. Die Mitarbeiterin des nicht in Hamburg ansässigen (wirklich wenig hilfreich für diese Art Anliegen!) Callcenters war hörbar bemüht, entschuldigte sich auch vielmals für ihr Unvermögen zu helfen und versprach, die Erkenntnisse des Gesprächs an einen Vorgesetzten als Verbesserungsvorschlag weiterzuleiten. Letztlich sind wir auch mit dem Bus statt mit dem Rad in die Stadt zurück gefahren.
  • In der Hafencity, südlich der berühmten Speicherstadt und eines der Touristenmagnete in Hamburg, fehlt eindeutig eine Station. Z.B. an den Magellan-Terrassen und dem Großen Grasbrook/Kreuzfahrtcenter. Ja, hier ist an einigen Stellen noch Baustelle, aber es gibt viele Plätze, wo sich die Aufstellung ermöglichen würde.
  • Man kann doch erwarten, dass die Webseiten die aktuellsten Informationen über eingerichtete Stationen beherbergen, oder? Die Station am U-Bahnhof Mundsburg (Nr. 2323) ist nicht online verzeichnet, wohl aber auf dem gedruckten Faltplan und in Wirklichkeit existiert sie auch.
  • Auf den Webseiten würde man sich über die Fahrradtechnik ebenfalls informieren wollen (Rahmengröße, Gewicht, Bremstechnik). Schliesslich wüsste der eine oder andere potentielle Benutzer (nicht nur Senioren) gern im voraus, wie die Ausleihe an der Technik am Rad zu benutzen ist, was mit Photos leicht verständlich gemacht werden könnte (Detailaufnahmen des Rades und Grossaufnahmen des Displays inkl. Bedientipps, z.B. „Doppeltippen zum Einschalten“ u.ä.). Auf den allgemeinen Webseiten des Betreibers Call-A-Bike sind solche Infos vorhanden, sogar ein Infofilm – aber sie sind nicht von den Stadtrad-Hamburg Webseiten verlinkt (ich habe sie durch Zufall gefunden).
  • Ob die bei der Registrierung fälligen fünf Euro wie ein Mitgliedsbeitrag jährlich oder nur einmalig erhoben werden, sollte deutlicher gemacht werden. (Die Registrierungsgebühr wird nur einmalig erhoben.)
  • Die Möglichkeit, auf verschiedene Weise ein Rad auszuleihen (an der Station, per Handy etc) ist sehr gut. Die Flexibilität ermutigt Erstkunden, die Nutzung „zu wagen“. Z.B. hatte bei uns die Identifikation per MaestroCard (EC) der hinterlegten Bankverbindung nicht geklappt, aber dafür die automatische Erkennung der Mobilfunknummer, so dass die Ausleihe am Handy problemlos funktionierte.
  • Die Stationen sind nicht immer gut sichtbar eingerichtet worden (Beispiel: Rödingsmarkt und Uferstraße). Es wäre doch schön, wenn man schon von der Straße und dem Gehweg aus auf die Station aufmerksam würde, schon aus Werbegründen. Die Räder fallen im Stadtbild schon deutlich auf und das weckt Neugier; Dennoch sind sichtbare Stationen die beste Werbung vor Ort.

Alles in allem finde ich die Realisierung dieses Projektes als gelungen und freue mich über die erneute Verbesserung der Hamburger Verkehrs-Infrastruktur. Es freut mich jedes Mal, wenn ich ein Stadtrad in Hamburg sehe – und es sind nicht wenige!
Ein Stadtrad